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MINT-Studium? Weil es Spaß macht!

22.04.2021

Sie forschen über die Entstehung von Planeten, IT-Sicherheit oder Nanosensoren. Forscherinnen erzählen, was sie an ihrem Fach begeistert.

Ob Astrophysik oder Mathematik, Zellbiologie oder DNA-Nanotechnologie, IT-Sicherheit oder UX-Design: Professorinnen und Nachwuchswissenschaftlerinnen geben Einblick in ihren Forschungsbereich:

Vom Beginn der Welt

„Ich interessiere mich dafür, wie sich Planeten wie unsere Erde gebildet haben oder noch bilden und wie sie schließlich Leben beherbergen können. Was ich an meiner Arbeit spannend finde, ist, dass man nie weiß, wohin einen die Forschung führt, und man nie aufhört, Neues zu lernen“, sagt die Physikprofessorin Barbara Ercolano. Sie ist Inhaberin des Lehrstuhls für Theoretische und Numerische Astrophysik an der Universitäts-Sternwarte der LMU.

Für die Berufs- und Studienwahl hat die Astrophysikerin den Tipp, „sich vorzustellen, dass das, was man wählt, einen bedeutenden Teil des eigenen Lebens ausmachen wird. Es ist also wichtig, etwas zu wählen, das einem wirklich Spaß macht und das man für erstrebenswert hält.“

Studieren, was begeistert

Friederike Wolff forscht über die Zellteilung von Humanzellen. „Genauer gesagt, beschäftige ich mich mit dem letzten Schritt, der Zytokinese. Am Ende jeder Zellteilung teilt sich die Mutterzelle in zwei Tochterzellen, wodurch das genetische Material sowie andere Komponenten auf die beiden Tochterzellen aufgeteilt werden“, sagt die Biologin. Sie ist Mitglied in der Forschungsgruppe von Dr. Esther Zanin am Biozentrum der LMU, die die molekularen Mechanismen der Zellteilung untersucht.

Die Zellteilung ist ein essenzieller Prozess, der Leben überhaupt erst ermöglicht. Eine defekte oder gestörte Zellteilung kann beispielsweise zu Geburtsfehlern oder auch Krebserkrankungen führen“, erklärt Friederike Wolff. „Viele grundlegende Fragen in diesem Bereich sind noch nicht beantwortet, was ihn für mich zu einem sehr spannenden Forschungsthema macht.“

„Ich kann nur jedem ans Herz legen, das zu studieren, was ihn begeistert“, sagt Friederike Wolff. „Ich war mir nach dem Abitur auch nicht hundertprozentig sicher und bin einfach meinen Interessen gefolgt. Jetzt, im letzten Jahr meiner Promotion, kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass ich hier absolut richtig bin.“

Unbekanntes ausprobieren

Linda Hirsch verbindet in ihrer Arbeit Technik und deren Anwendung. Die UX-Designerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mensch-Maschine-Interaktion der LMU und hat sich darauf spezialisiert, interaktive Technologien für historische Orte zu entwickeln. „Ich gehe aus verschiedenen Perspektiven an das Thema heran. Zum einen experimentieren wir mit Materialien, zum Beispiel mit interaktivem Beton, und dann schauen wir uns gezielt denkmalgeschützte Orte an wie den Alten Südfriedhof in München und gehen Kollaborationen mit Museen ein, zum Beispiel um eine Büste interaktiv zu gestalten oder den Infopoint im Außenbereich.“

Linda Hirsch schätzt es, an der Schnittstelle zwischen Mensch, Maschine und ihrem Kontext zu arbeiten. „Es ist eine gute Mischung zwischen Psychologie, Informatik und Design“, sagt die UX-Designerin.

Ihr Tipp zur Studien- und Berufswahl: „Traut euch, auch unbekanntere, aber für euch interessante Themen auszuwählen. Ich hatte früher nie an IT gedacht und bin mehr durch Zufall hineingekommen. Dadurch habe ich gemerkt, dass man alles lernen kann, solange man Spaß daran hat, und nicht unbedingt vorher schon Kenntnisse haben muss.“

Mischung aus Phantasie und Sachlichkeit

„Ich forsche über IT-Sicherheit, genauer gesagt über einen kleinen Teilaspekt der Frage, wie verschiedene Geräte und Benutzer sicher miteinander kommunizieren können“, sagt Sophia Grundner-Culemann. Die Mathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Munich Network Management Team am Institut für Informatik der LMU.

„In meiner alltäglichen Arbeit liebe ich die Lehre. An meiner Forschung mag ich die Mischung aus Phantasie und Sachlichkeit, beides braucht man.“

Ihr Studientipp: „Ich fand es toll, etwas so Grundlegendes zu studieren wie Mathematik. Spezialisieren kann man sich dann später umso besser!“

Profitieren vom interdisziplinären Dialog

Sabine Jansen forscht über Wahrscheinlichkeitstheorie und Mathematische Physik, insbesondere Mathematische Statistische Mechanik. „Roter Faden ist stets die Frage, wie aus Unordnung im Kleinen Ordnung im Großen entsteht: Wie kann es sein, dass das Verhalten vieler individueller Agenten – etwa Moleküle in einem Gas – mithilfe von Wahrscheinlichkeitstheorie modelliert wird, um deterministische Gesetzmäßigkeiten für Materialien zu erklären? Das Arbeitsgebiet blickt auf eine lange Tradition zurück, es sind jedoch noch viele Grundlagenfragen offen“, erzählt die Professorin vom Mathematischen Institut der LMU.

Besonders spannend findet Sabine Jansen den interdisziplinären Dialog. „Worte wie "Beweis", "exakt" oder "rigoros" besitzen in Mathematik und theoretischer Physik durchaus nicht ganz identische Bedeutungen. Eine Sensibilisierung hierfür ist ganz wesentlich für den täglichen Umgang mit Quellen verschiedener Forschungszweige.“ Dank ihres interdisziplinären Interesses stößt die Mathematikerin immer wieder auf „überraschende Querverbindungen: Zum Beispiel habe ich erst nach jahrelanger Arbeit mit mathematischen Modellen für Gase und Materialien in einem Vortrag gelernt, dass die gleiche Klasse an Modellen in der räumlichen Statistik eingesetzt wird: für die Verteilung von Bäumen im Wald oder Vorkommen natürlicher Ressourcen in der Geologie.“

Ihr Rat für angehende Mathematikerinnen: „Lassen Sie sich nicht abschrecken oder einschüchtern, wenn Ihre Motivation, Ihr Arbeitsstil und -tempo nicht zu dem Ihrer Umgebung oder Kommilitonen zu passen scheinen. Manchmal dauert es, bis man seine Nische findet.“

Sabine Jansen weiß, dass man sich für Mathematik aus vielerlei Gründen begeistern kann – wegen ihrer praktischen Relevanz in angewandte Gebieten, ihrer Bedeutung für philosophische Grundlagenfragen oder einfach aus Spaß am Lösen von Rätseln. „Es muss Sie nicht jeder Aspekt gleichermaßen ansprechen!“

Neues wagen

© LMU MUENCHEN

Dr. Viktorija Glembockyté arbeitet mit unfassbar kleinen Strukturen. Sie entwickelt in ihrer Forschung Sensoren im Nanobereich. Ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter. „Ich nutze Werkzeuge der DNA-Nanotechnologie und ein Bildgebungsverfahren, mit dem einzelne Moleküle abgebildet werden können, um Nanosensoren zu entwickeln. Die Technik, die ich einsetze, heißt DNA-Origami. Ähnlich wie bei Origami mit Papier erlaubt sie es, komplexe zwei- und dreidimensionale Strukturen zu falten“, sagt Viktorija Glembockyté, die am Lehrstuhl für physikalische Chemie arbeitet. Kürzlich ist es dem dortigen Team so sogar gelungen, einzelne Moleküle mit einer Handy-Kamera sichtbar zu machen.

„Ich finde es faszinierend, wie viele verschiedene Funktionen man auf einer winzigen Nanostruktur platzieren kann. Als Chemikerin ist das für mich wie ein molekulares Spielbrett, auf dem unzählige Kombinationen möglich sind, um neue Nanomaschinen zu bauen oder Prozesse zu untersuchen“, sagt Viktorija Glembockyté. „Und was mich schon während meiner Promotion begeistert hat, ist die Möglichkeit, einzelne Moleküle zu visualisieren und zu untersuchen und so hoffentlich verstehen zu lernen, was auf molekularer Ebene passiert, und neue Phänomene zu entdecken.“

Viktorija Glembockyté empfiehlt angehenden Wissenschaftlerinnen, verschiedene Themen kennenzulernen und nicht davor zurückzuschrecken, Neues auszuprobieren, bis man eine Forschungsrichtung und -fragen findet, „die einen wirklich interessieren und motivieren. Dazu gehört es auch, sich aus der eigenen Komfortzone zu begeben und vielleicht auch einmal Sachen zu machen, mit denen man bislang weniger Erfahrung hat. Sicher ist es oft einfacher, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen, aber das muss einen nicht unbedingt zu dem Thema führen, das einem am meisten Spaß macht.“

Ihr Tipp: „Schafft euch Möglichkeiten, verschiedene Forschungsbereiche kennenzulernen: Bewerbt euch für ein Praktikum, sammelt Erfahrung in verschiedenen Laboren, hört euch Vorträge von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an und stellt Fragen. Ich glaube, dass die Wahl eines Forschungsthemas, das einen fasziniert, eine entscheidende Voraussetzung ist, um Spaß an einer wissenschaftlichen Karriere zu haben und auch die Rückschläge aushalten zu können, die zum wissenschaftlichen Forschen dazugehören“, sagt Viktorija Glembockyté. Auch ein passender Mentor, eine passende Mentorin sei sehr wichtig: „Versucht, jemanden zu finden, der nicht nur eure fachliche Begeisterung teilt, sondern euch auf eurem Weg auch unterstützt.“

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2:30 | 16.04.2021

Fragen stellen

Dr. Kateryna Trofymchuk forscht in derselben Arbeitsgruppe wie Viktorija Glembokyté. Sie findet es faszinierend, dass sich in der Nanotechnologie Objekte entwerfen lassen, die mit dem menschlichen Auge nicht sichtbar sind. „Wir können die Funktionen dieser Strukturen so beeinflussen, dass sie für verschiedene Zwecke einsetzbar sind, zum Beispiel in der Bildgebung, in der Diagnostik oder der Nanorobotik.“

Dafür brauche es nicht einmal komplizierte Geräte oder spezielles Training. Sogar Praktikantinnen und Praktikanten könnten nach ein paar Wochen bereits solche Nanomaschinen konstruieren. „Natürlich ist das nur möglich, weil wir mit unserer Arbeit auf jahrelanger mühevoller Forschung aufbauen. Aber es ist dennoch unglaublich, dass eine Technologie, die noch vor Kurzem als Science Fiction galt, heute Alltag in den Laboren ist.“

Jungen Forscherinnen möchte sie die Angst nehmen, Fragen zu stellen: „Fragt Doktorandinnen, Postdocs, Professorinnen und Professoren, was sie machen und warum. Ich versichere euch, dass sich die allermeisten darüber freuen werden, mit euch über ihre Forschung zu sprechen."

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